Eine Ostschweizer Marke macht Geschichte – Sonderausstellung 150 Jahre Schaffhauser Wolle
Vor 150 Jahren begann in Schaffhausen der Siegeszug eines unscheinbaren Wollknäuels. Dank Qualität und einer innovativen Werbestrategie entwickelte sich die Marke Schaffhauser Wolle zu einer Legende Schweizerischer Alltagskultur. Am Originalschauplatz – in den ehemaligen Hallen der ersten Kammgarnspinnerei der Schweiz – ist nun die Ausstellung «Schaffhauser Wolle» zu sehen.
Zum Jubiläum zeigt das Museum eine repräsentative Auswahl der Werbeplakate, die zwischen 1924 und 1989 von Schweizer Kunstschaffenden kreiert wurden. Dabei wird nicht nur ein Stück Schweizer Werbegeschichte beleuchtet, die 56 ausgestellten, farbenfrohen Plakate sind auch ein Spiegel des Zeitgeistes und erzählen von den gesellschaftlichen, ökonomischen und ästhetischen Strömungen ihrer Zeit. Zeitzeugen-Interviews, Filme und Fotos dokumentieren den Pionier- und Unternehmungsgeist und stehen exemplarisch für ein Kapitel Schweizer Industriegeschichte. Strickhefte und Strickbekleidung aus sieben Jahrzehnten ergänzen die Ausstellung und sorgen für Déjà-vu-Erlebnisse und Retro-Feeling.
Aus der Geschichte
Angefangen hat alles 1867 mit der Eröffnung der ersten Kammgarnspinnerei der Schweiz durch Rudolph Schoeller (1827 – 1902). Das Unternehmen wurde in zwei Firmen aufgeteilt. Unter dem Namen Chessex & Hoessly stellte dieses auch farbige Handstrickgarne her. 1912 wurde die Strickgarnproduktion vom Rheinufer ins neu erschlossene Industriequartier Ebnat verlegt. Unter dem Label «Schaffhauser Wolle» vermarktete die Firma ihre Handstrickgarne in der Schweiz und im Ausland. 1954 trat Ulrich Albers die Nachfolge von Heinrich Chessex an. Der Firmenname wurde in der Folge in Schoeller, Alberts & Co. geändert.
Werbestrategien
Schon 1924 begann mit den ersten Werbeplakaten auch der visuelle Siegeszug der Marke. Neben dem Schriftzug «Schaffhauser Wolle» wurde die grüne Banderole der Wolle zum Markenzeichen des Produktes. Die «Schaffhauser Wolle» etablierte sich als Marktführerin für Handstrickgarn in der Schweiz. Über den Grosshandel und zahlreichen Tochtergesellschaften gelang es, die Wolle weltweit zu vertreiben und den Exportanteil auf 50 Prozent auszubauen. 1974 wurde in 25 Länder auf fünf Kontinenten exportiert: von Nigeria bis Kanada, von Bolivien bis Japan. In der Ausstellung ist der Fabrikalltag mit historischem Fotomaterial, darunter 38 Fotografien der bekannten Schaffhauser Pressefotografen Eric und Bruno Bührer, dokumentiert.
Die Produzenten der «Schaffhauser Wolle» gehörten zu den ersten Firmen in der Schweiz die konsequent mit Werbeplakaten im Weltformat für ihr Produkt warben. Dieser, zur damaligen Zeit sehr innovativen Werbestrategie, verdankt die «Schaffhauser Wolle» massgeblich ihren Erfolg. Bis 1989 blieb die Firma dem Werbemedium treu. Es gelang, die Marke schweizweit im kollektiven Gedächtnis zu verankern und die Monopolstellung des Strickgarns aus Schaffhausen zu festigen.
Strukturwandel
Mit verschiedenen Verkaufsförderungsmassnahmen, Kursen, Wettbewerben und Modeschauen versuchte das Unternehmen, sich dem sinkenden Interesse entgegen zu stemmen. Mitte der 1980er Jahre brach die Nachfrage nach Handstrickgarnen drastisch ein. Billigimporte aus Fernostländern, der hohe Frankenkurs und das hohe Lohniveau machten der Textilbranche zu schaffen. Vor diesem Hintergrund wurde zwischen 1981 und 1988 die Marktstrategie nochmals verändert. Anstelle von Werbeplakaten produzierte man eigene TV-Spots. Auch diese sind in der Ausstellung zu sehen und werden wohl manchem Besucher noch in bester Erinnerung sein.
Der Einbruch des Pro-Kopf-Konsums der Schaffhauser Wolle konnte jedoch nicht aufgehalten werden. Nachdem 1987 Kurzarbeit angesagt war und man 1988 die Belegschaft massiv abbaute, wurde 1989 der Standort Schaffhausen aufgegeben und die Produktion ins Schwesterunternehmen nach Bregenz verlegt.
Bild Schaffhauser Wolle: Jost Wildbolz / Werbeagentur H. Looser, Zürich, Hanspeter Mühlemann (Fotograf), 1965 © Jost Wildbolz Das Plakat wurde 1965 als «Schweizer Plakat des Jahres» prämiert. Foto: Jürg Fausch, Museum zu Allerheiligen Schaffhausen