Sessionsbrief Sommer 2017

Sessionsbrief Sommer 2017

Eine vergleichsweise ruhige Sommersession mit überraschendem Ausgang  liegt hinter mir. Der Rücktritt von Bundesrat Didier Burkhalter kurz vor Abschluss sorgte für Hektik. Insgesamt gab es wenige Debatten, dafür wurden umso mehr Vorstösse behandelt. Ein Seitenblick ging in den Ständerat zur Revision des Ergänzungsleistungsgesetzes, welche wir noch im Juni in der Sozialkommission behandeln werden.

Barbara Gysi

Gleich zu Beginn waren zwei Bereiche des Service Public traktandiert. Nach dem klaren Volks-Ja zur Energiestrategie ging es um die Stromnetze. Die grösste Auseinandersetzung führten wir zur Wasserkraft. Sollen die Privathaushalte nur noch Energie aus einheimischer Produktion beziehen können und so der Wasserkraft eine Abnahmegarantie zu hohen Preisen gewähren? Was in der Kommission noch überraschend und deutlich gutgeheissen wurde, wurde dann im Rat zum Teil von den gleichen Leuten versenkt. Namentlich die SVP machte eine Kehrtwende. Bei uns wurde die Debatte intensiv geführt. Ist es den Privathaushalten zuzumuten mit Abnahmegarantien die Kosten der finanziell angeschlagenen Wasserkraft zu übernehmen? So sehr ich hinter den erneuerbaren Energien stehe und selber nur Ökostrom beziehe, bin ich doch klar der Meinung, dass es nicht richtig ist, die Privathaushalte stärker zu belasten.

Eine heisse Debatte gab es zur Post, die ja Land auf Land ab Poststellen schliesst – auch Wil ist mit der Altstadtpost betroffen. Der Worte und Beteuerungen waren viele, doch für die Gutheissung der Vorstösse zur Sicherung der Poststellen, war die Ratsrechte dann doch nicht mehr zu haben.

Fortschritte in der Gesellschaftspolitik

Die deutliche Zustimmung zur Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen war so nicht erwartet worden. So kann die Gewalt gegen Frauen wirkungsvoller bekämpft werden und es wurde ein sehr deutliches Zeichen gesetzt. Schwerer hatte es dann der Ausbau der Elternzeit bei der Geburt eines Kindes. Hier wird wohl erst die eben zustande gekommene Volksinitiative für den Vaterschaftsurlaub Abhilfe schaffen. Erkämpft haben wir eine Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung, wenn ein Neugeborenes länger als drei Wochen im Spital bleiben muss. Der Bundesrat muss dazu jetzt eine Gesetzesänderung ausarbeiten.

Gesundheit(sthemen)

Diese beschränkten sich in der Sommersession primär auf den Laufaspekt. Begonnen hatte es mit dem Lauf von Kirchberg nach Wil, gefolgt vom mittlerweile für mich Tradition gewordenen Frauenlauf (sehr heiss) und Parlamotion (rund ums Bundeshaus, mit Morgenfrische) sowie einem ersten Aareschwumm (sehr frisch).

National- und Ständerat sind sich immer noch nicht einig, wie die ausserkantonalen Pflegeheimplatzierungen finanziert werden. Der Ständerat folgt der Forderung der Kantone nach einer restriktiven Lösung. Dies ist für die Betroffenen nicht dienlich, denn die Wahlfreiheit ist so nicht klar gegebenen. Neu werden auch im AHV-Alter zwei Hörgeräte finanziert werden, bislang war es nur eines. Eine kurze – schon fast groteske Debatte – gab es zur einem Vorstoss von Verena Herzog (SVP/TG), der die Pilotversuche bei Betäubungsmitteln einschränken wollte. Unklar formuliert, eigentlich mit dem Ziel die laufenden Projekte zur Cannabisregulierung verhindern zu können, verstrickte sie sich in Widersprüche. Die jetzt aufgegleisten Pilotversuche hätte sie nicht stoppen können, denn bis eine Gesetzesänderung greift, vergehen Jahre. Die Fronten sind verhärtet und es gibt einen sektiererisch angehauchten, massiven Widerstand gegen jegliche Öffnung oder pragmatischen Umgang mit Cannabis.

Rechnungsüberschuss, teure Bürgschaft und ein “Gekär” um Nachtragskredite

Alle Jahre wieder: Der Bundesrat präsentiert eine um 1,3 Milliarden bessere Rechnung 2016 als budgetiert. Der Überschuss beträgt 800 Millionen Franken. Die Schuldenbremse führt in der Regel zu einem strukturellen Überschuss von einer Milliarde, weil die Ämter ihre Kredite nicht vollständig beanspruchen. Der Überschuss darf aber nur zum Schuldenabbau verwendet werden. Das schränkt die Handlungsfähigkeit ein, darum will selbst der Bundesrat daran etwas ändern. Ein erster Versuch (Vorstoss der CVP), der Teile der Überschüsse der AHV zuführen wollte, ist gescheitert. Eine Revision durch den Bundesrat aber angestossen.

Viel zu reden gaben drei Nachtragskredite. Heiss diskutiert war der 215 Mio. teure Nachtrag für die Bürgschaft bei den Hochseeschiffen. Dieses Relikt aus dem Kalten Krieg führt infolge schlechten Geschäftsganges und möglicherweise Mauscheleien dazu, dass 13 Hochseeschiffe von Privaten verkauft werden und die Bürgschaft eingelöst werden muss. 2008 wurde die Bürgschaft noch verdoppelt, quasi einstimmig. Die mangelnde Risikoeinschätzung von damals sowie eine Administrativuntersuchung, deren Bericht uns aber noch nicht ausgehändigt wurde, gaben viel zu reden. Eigentlich kann man da nur Ja oder Ja sagen, doch angesichts des Spardrucks auf das Personal und der ungeklärten Ungereimtheiten setzte ich mit einer Stimmenthaltung ein Zeichen. Ich war bei der ganzen Rechnungsberatung als Mutterschaftsvertretung meiner Kollegin Mattea Meyer in der Finanzkommissionssitzungen dabei und darum wieder tief in den Finanzdossiers. Ich habe die Nachtragskredite zu Fiscal IT, dem Informatikprojekt bei der Steuerverwaltung, und für die Bundesanwaltschaft verteidigt. Schon in den Sitzungen hörten wir aus verschiedenen Ämtern von den Problemen der harten Sparpolitik und als Präsidentin des Personalverbands des Bundes bekomme ich auch sonst einiges mit. Die Bundesanwaltschaft wollte mit dem Nachtragskredit die Kürzung rückgängig machen. Trotz deutlichen Aussagen wie Verlangsamung wichtiger Dossiers, Behinderung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörde und Reputationsschäden hatte die Mehrheit im Nationalrat kein Einsehen und blieb bei seiner harten Ablehnungshaltung.

Noch ist die Sommerpause nicht in Sicht, stehen doch noch einige Kommissionssitzungen und andere wichtige Arbeiten auf dem Programm. Trotzdem wünsche ich euch allen schon jetzt einen schönen Sommer!

Hauptbild: Nationalrätin Barbara Gysi, Wil

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