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Rückblick auf sieben Jahre gemeinsame Nationalratstätigkeit und wichtige Sessionsthemen

Rückblick auf sieben Jahre gemeinsame Nationalratstätigkeit und wichtige Sessionsthemen

Wie gewohnt, berichten zwei engagierte Nationalrätinnen über wichtige und vor allem EVP-relevante Geschäfte, die in der eben beendeten Herbstsession 2017 zur Beratung und Verabschiedung vorlagen. Vorweg jedoch servieren sie eine kleine Revue auf die am 30. November endende Besonderheit im nationalen Parlament: Seit 2010 stellte die EVP nämlich eine rein weibliche Vertretung im Nationalrat. Eine Première für die Partei.

Für beide Nationalrätinnen sei es, nach vorheriger «Männerherrschaft» eine besondere Freude gewesen, gleich im Doppelpack als Frauen, eine neue Seite der EVP zeigen und prägen zu können. Obschon man nicht alles gleich gesehen habe, nicht in allen Punkten genau dieselbe Linie verfolgte, funktionierte die Zusammenarbeit hervorragend. «Wir haben unterschiedliche Stärken und ergänzten uns perfekt», sagt Marianne Streiff und bedankt sich bei Maja Ingold für die gute Zusammenarbeit, für die Freundschaft, die hervorragende Arbeit Ingolds als Parlamentarierin, die über alle Parteigrenzen hinaus sehr geschätzt worden sei. Nach siebenjähriger Sitznachbarschaft im Parlament ging also am Ende der Septembersession 2017 die gemeinsame Nationalratszeit zu Ende. Zeit also für einen Rückblick!

Unter anderen wichtigen Reisen, bleibt besonders jene in den Libanon unvergessen, bei der sich die beiden Nationalrätinnen vor Ort über die beispiellose Not der Menschen auf der Flucht aus Gebieten im nahen Osten setzen konnten: Syrierinnen, Palästinenser die ohne zivilrechtliche Identität in riesigen, von der UNO schlecht und recht unterstützten Lagerstädten wohnen – ohne Perspektiven für ein menschenwürdiges Leben. Tief bewegt hat im April 2015 in Eriwan die Teilnahme an der  eindrücklichen 100 Jahr Gedenkfeier des Völkermordes an Armenien. Inmitten anhaltenden Streits mit der Türkei gedachte Armenien der Massaker an bis zu 1,5 Millionen Landsleuten durch osmanische Truppen vor hundert Jahren.

Begegnungen, Anfragen, Reisen, Kontakte

Unzählige Einladungen an die Mitglieder des Parlamentes zu allermöglichen Veranstaltungen, Präsentationen, Tagungen und Versammlungen, fanden den Weg auf die Schreibtische der beiden Powerfrauen, oft auch in die Briefkästen oder im Email-Ordner. Ein ganz besonderes High-Light war das Eröffnungsfest des neuen Gotthard-Basistunnels im letzten Jahr, bot es doch eine ganz spezielle Gelegenheit zum Entspannten, zum gemeinsamen Feiern, zum Staunen und Geniessen. Im Vordergrund der siebenjährigen Sitznachbarschaft standen die intensive politische Parlaments- und Parteiarbeit und die Verpflichtungen aus den Vertretungen in verschiedensten inner- und ausserparlamentarischen Gremien. Der kollegiale und freundschaftliche Gedankenaustausch war sehr bereichernd. Und das EVP- Frauenduett war ein nicht zu unterschätzender Farbtupfer im Parlament und zuweilen auch ein entscheidender Katalysator für lösungsorientierte Sachgeschäfte.

Nachfolgend werden die frauenrelevantesten Themen herausgepickt, zu denen alleine den beiden Nationalrätinnen das Wort gehört:

Elternzeit 14/14 bei beidseitiger Erwerbsarbeit

Eine Parlamentarische Initiative (Pa.Iv.) Bertschy will die heutige Mutterschaftsentschädigung von 14 Wochen durch eine Elternzeit ersetzen. Neben der bisherigen Mutterschaftsentschädigung würde eine ebenfalls maximal 14 Wochen dauernde und in der Erwerbsersatzordnung finanzierte Vaterschaftsentschädigung eingeführt, falls beide Elternteile nach der Geburt erwerbstätig sind. Nicht weniger als 26 Vorstösse zu einem Vaterschaftsurlaub, davon 11 zu Elternurlaub sind schon eingereicht und mangels Mehrheit erledigt worden. Parallel läuft die durch Travail Suisse angestossene Volksinitiative «für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub». Die vorliegende Pa.Iv ist speziell, weil sie den Elternurlaub mit der Bedingung der beidseitigen Erwerbstätigkeit verbindet, dh. die Initiantin bindet ihren Vorschlag bewusst an einen ökonomischen Anreiz. Als Erwerbstätige werden die Eltern mit höherem Einkommen mehr beitragen an Steuern und Konsum. Diese Mehrerträge würde man von den Gesamtkosten für die Elternzeit in Abzug bringen können, sodass diese sich etwas reduzieren. Trotzdem bildeten die Kosten den Hauptstolperstein dieser Pa.Iv. Hat der Rat doch erst kürzlich nach allen andern Vorstössen die allermoderateste Pa.Iv. Candinas, (die einer gleichlautenden Motion Streiff von 2010 entsprach) welche nur gerade 2 Wochen Vaterschaftsurlaub durch die EO finanzieren wollte, bachab geschickt. Die vorberatende Kommission SGK hatte mehrheitlich Sympathie für die Idee, dass Frauen aufgrund der Geburt eines Kindes nicht aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, und dass die Betreuungsaufgaben von beiden Eltern geleistet werden müssen. Aber die Finanzierungsquelle, die Erwerbsersatzordnung ist über Lohnbeiträge finanziert, das verteuert die Arbeitskosten. Die Volkswirtschaft wird belastet und verliert an Wettbewerbsfähigkeit. Mit 124 zu 65 Stimmen lehnte der Nationalrat die Pa.Iv. ab. Auch wir EVP-NR stimmten nicht zu. Die Bevölkerung kann Stellung nehmen zum Vaterschaftsurlaub mit der Volksinitiative.  Maja vertrat als Kommissionssprecherin auch für die Kommission diese Haltung.

Nachbesserung der Pflegefinanzierung

In dieser Vorlage ging es einzig um die finanzielle Zuständigkeit der Kantone, d.h. ihre Kostenpflichtigkeit für Bewohnerinnen in ausserkantonalen Pflegeheimen, die nicht im Wohnsitzkanton dieser Bewohner liegen. Der Heimaufenthalt begründet ja keinen neuen Wohnsitz, und die Frage stellte sich, ob der Wohnsitzkanton oder der neue Standortkanton des Heimes allfällige Restfinanzierungen übernehmen muss. Und weil die freie Heimwahl möglichst gewährleistet bleiben soll, die Heimkosten jedoch sehr unterschiedlich ausfallen können, wird unter Umständen der Wohnsitzkanton viel mehr zur Kasse gebeten, wenn «seine» Bewohnerinnen ausserkantonal wohnen. Es ging um eine Abwägung der Patienteninteressen (Wahlfreiheit) und Kantonsinteressen. Die beiden Räte tickten da sehr unterschiedlich, und die Beratungen von verschiedensten Lö- sungsversionen lösten Grundsatzdebatten aus, obwohl es in der Nachbesserung der Pflegefinanzierung weit wichtigere Punkte nachzubessern gibt. Schlussendlich einigte man sich auf einen Kompromiss, eine zwar eingeschränkte Heimwahl aber mit begründeten Ausnahmemöglichkeiten wie z.B. Angehörigennähe. Das Thema Pflegefinanzierung wird die Räte aber weiterhin beschäftigen müssen, weil die Gesetzgebung zwei von drei kostenpflichtigen Akteuren (Bewohner, Krankenversicherer, öffentliche Hand) mit Kostenplafonds ausgerüstet hat. Da es schon seit Einführung des Gesetzes zu alarmierenden Kostensteigerungen kommt, kann es ja nicht sein, dass nur die öffentliche Hand, dh. der Staat, die Gemeinden, für diese Mehrkosten aufkommen müssen und die andern sich schadlos halten können. Hier ist Handlungsbedarf. Er ist auch schon deponiert durch die Kantone.

Beschwerderechte gegen die Kesb

Seit Kurzem ist das nach fast 100 Jahren erneuerte Erwachsenen- und Kindesschutzrecht, das in den eidgenössischen Räten gegen eine einzige Stimme angenommen wurde, in Kraft. Die Kesb arbeitet heute professionell und bildet eine unabhängige Behörde, die die Ansprüche von Kindern und Erwachsenen an den Schutz ihrer Rechte durch ihr ganzes Leben wahrt. Sie kommt nur in Aktion, wenn ihr Gefährdungsmeldungen zugehen. Die parlamentarische Initiative der SVP will neu ein Beschwerderecht für die Wohnsitzgemeinde oder eine andere zuständige kommunale Behörde wie die Schul- oder Sozialbehörde gegen Kesb-Entscheide. In der Tat müssen heute unter Umständen für die Kosten einer Massnahme aufkommen, obwohl sie am Entscheid nicht oder nur beschränkt beteiligt waren. Das entspricht auch tatsächlich der Grundidee des revidierten Erwachsenenschutzrechtes, weil die Interessen der Gemeinden, gerade die finanziellen (man denke nur an schwerwiegende Entscheide wie Fremdplatzierungen von Kindern, die die Gemeinden viel kosten) keine Rolle spielen dürfen für die Entscheide der Kindesschutzbehörde, sondern einzig das Kindeswohl. Mit einem Beschwerderecht könnten plötzlich finanzielle Interessen der Gemeinden in Kesb-Entscheide hineinspielen, die dem Wohl des Kindes widersprechen. Ein Beschwerderecht würde im Widerspruch zu einer unabhängigen Behörde stehen. Der Nationalrat lehnte die parlamentarische Initiative gegen die Stimmen der SVP und einige wenige weitere ab.

Nationalrätin Maja Ingold ZH

Nationalrätin Marianne Streiff BE

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